Kriegerdenkmal ("39er Denkmal"), Düsseldorf, Reeser Platz, Stadtteil Golzheim
Auftraggeber: Stadt Düsseldorf ("Gau Düsseldorf"), Teil einer Gesamtplanung "Schlageterforum" unter Gauleiter Friedrich Karl Florian,
Wettbewerbsausschreibung des Denkmalausschusses des Regiments Nr. 39, Architekten: Rudolf Klophaus (NSDAP Mitglied) und Artur Tachill,
Bildhauer: Richard Kuöhl; Kuöhl war ebenso verantwortlich für die Bildhauerarbeiten am Hamburger NS-Kriegerdenkmal des
76er Infanterie-Regiments am Dammtorbahnhof in Hamburg.
Patrick Bahners schrieb 2020 auf FAZ.net innerhalb eines Kommentars zur aktuellen Auseinandersetzung der Stadt Düsseldorf mit dem Denkmal:
"Der Bildgedanke des von Rudolf Klophaus, Artur Tachill und Richard Kuöhl entworfenen Werkes säkularisiert in barbarischer Weise die christliche
Verheißung der Auferstehung. Der Totenkult wird zum Todeskult, erstes und letztes Aufgebot sind identisch."
Die Darstellungsart und martialische Ausdrucksweise der eindeutig Wehrmachtssoldaten nachempfundenen Figuren erinnert stark an das Kriegerdenkmal am Dammtor in Hamburg.
Tatsächlich war Richard Kuöhl in beiden Fällen der ausführende Bildhauer.
Das erste, expressionistische "39er Denkmal" des Künstlers Jupp Rübsam wurde, obwohl kein eindeutiges, antimilitaristisches Denkmal, 1933 wegen unzureichender
"völkisch-nationalistischer" Ausprägung ("Frontverhöhnungsdenkmal") abgerissen. Der Platz wurde nach 1945 von Neonazis als "Wallfahrtsort" genutzt.
Bis dato treffen sich Faschisten zu "Gedenkfeiern" am Reeser Platz.
Ein im Jahr 2019 von der Stadt Düsseldorf ausgeschriebener Wettbewerb mit dem Ziel, zeitgenössische, künstlerische und freiraumplanerische
Ideen für den zukünftigen Umgang mit dem "39er Denkmal" und dem Reeser Platz zu finden, ist inzwischen abgeschlossen.
Der Wettbewerb und die Umgestaltungsplanung führte allerdings zu weiteren politisch-kulturellen Diskussionen.
Kriegerdenkmal in der Ruine Hohensyburg, Dortmund
Das Kriegerdenkmal wurde 1930 vom Kreiskriegerverband Hörde und dem Kriegerverband Hohensyburg der Stadt Dortmund übergeben.
Das Denkmal ist vom nationalistisch gesinnten Dortmunder Bildhauer Friedrich Bagdons entworfen und gemeinsam mit dem Steinmetz
Carl Fink ausgeführt worden. Bagdons bediente stilistisch in seinen Anfängen den Historismus, Jugendstil und Expressionismus, ab 1934 produzierte er
nationalsozialistische, totalitäre "Staatskunst":
"Bagdons war deutschnationaler Gesinnung, dennoch erhielt er nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten Berufs- und Lehrverbot.
Als Reaktion darauf schuf Bagdons einen Büste Adolf Hitlers, so dass das Verbot bereits 1934 wieder aufgehoben wurde. Sein letztes vollendetes Werk
war eine Kolossalstatue des Reichspräsidenten Paul von Hindenburg im Tannenberg-Denkmal, die er 1935 fertigstellte."
(Wikipedia/Hans Bohrmann (Hrsg.): Biographien bedeutender Dortmunder. Menschen in, aus und für Dortmund. Band 2, 1998)
1935 wurde das in unmittelbarer Nähe stehende Kaiser-Wilhelm-Denkmal nach Entwürfen Friedrich Bogdans umfassend im Sinne nationalsozialistischer
Monumentalarchitektur umgebaut.
Kriegerdenkmal ("39er Denkmal"), Düsseldorf, Reeser Platz, Stadtteil Golzheim
Auftraggeber:
Stadt Düsseldorf ("Gau Düsseldorf"), Teil einer Gesamtplanung
"Schlageterforum" unter Gauleiter Friedrich Karl Florian,
Wettbewerbsausschreibung
des Denkmalausschuss des Regiment Nr. 39, Architekten: Rudolf Klophaus
(NSDAP Mitglied) und Artur Tachill,
Bildhauer: Richard Kuöhl; Kuöhl war ebenso verantwortlich für die Bildhauerarbeiten am Hamburger NS-Kriegerdenkmal des
76er Infanterie-Regiments am Dammtorbahnhof in Hamburg.
Große Trauerhalle, Eingangsbereich, Hauptfriedhof Bochum am Freigrafendamm
Errichtet 1935-1941, Architekten: Stadtbaurat Heinrich Timmermann (NSDAP Mitglied) und Wilhelm Seidensticker (Baudezernat Bochum),
einziger komplett erhaltener Komplex nationalsozialistischer Macht- und Herrschaftsarchitektur im Ruhrgebiet.
"Der Vorbereich erinnert an ein Atrium mit einer Öffnung zum Himmel, ist aber gleichzeitig so hoch und schmal gebaut, dass die Öffnung gar nicht erst die Gelegenheit hat,
die bedrückende Atmosphäre etwas zu schmälern. Um die Trauerhalle zu betreten muss der Besucher unweigerlich einen schmalen Gang durchschreiten an dessen
Seitenwänden zwei Figurengruppen von Ludwig Kunstmann angebracht sind, die jeweils drei einzelne Figuren enthalten. ...
Jede religöse Symbolik fehlt. Die Figuren stehen so hoch auf steinernen Vorsprüngen, dass der Betrachter den Kopf weit in den Nacken legen muss,
um sie überhaupt in ihrer Gänze betrachten zu können. Man schreitet also nicht durch sie hindurch oder an ihnen vorbei, sondern buchstäblich unter ihnen her.
Die Anordnung der Figuren und die Enge des ganzen Eingangsbereiches erzeugen unwillkürlich ein Gefühl der Beklemmung.
Natürlich ist eine Trauerhalle kein fröhlicher Ort, es ist aber eben nicht das dort eigentlich bestimmende Gefühl der Trauer und Anteilnahme,
das diese Architektur leitet – Ziel ist es vielmehr den Besucher zu bedrücken und einzuschüchtern. Der einzelne Mensch wird klein, wenn er diesen Eingang durchschreitet."
(Jasmin Dickel/friedhofsblog.de)
Kaiser-Wilhelm-I.-Denkmal am Deutschen Eck, Koblenz
"... und plötzlich bekam ich den größten Schreck auf dieser Reise. Ich weiß es noch ganz genau: Wir
gingen auf der breiten, baumbestandenen Allee;
vorn an der Ecke war
eine Fotografenbude, sie hatten Bilder ausgestellt, die waren braun wie
alte Daguerrotypien, dann standen da keine Bäume mehr,
ein freier Platz,
ich sah hoch ... und fiel beinah um.
Da stand – Tschingbumm! –
ein riesiges Denkmal Kaiser Wilhelms des Ersten: ein Faustschlag aus
Stein. Zunächst blieb einem der Atem weg.
Sah man näher hin, so
entdeckte man, dass es ein herrliches, ein wilhelminisches, ein
künstlerisches Kunstwerk war. Das Ding sah aus wie ein
gigantischer
Tortenaufsatz und repräsentierte jenes Deutschland, das am Kriege schuld
gewesen ist – nun wollen wir sie dreschen! In Holland.
Zunächst ist an diesem Monstrum kein leerer Fleck zu entdecken. Es hat die Ornamenten-Masern.
Oben
jener, auf einem Pferd, was: Pferd! auf einem Roß, was: Roß! auf einem
riesigen Gefechtshengst wie aus einer Wagneroper, hoihotoho!
Der alte
Herr sitzt da und tut etwas, was er all seine Lebtage nicht getan hat:
er dräut in die Lande, das Pferd dräut auch, und wenn ich mich recht
erinnere,
wallt irgend eine Frauensperson um ihn herum und beut ihm
etwas dar. Aber da kann mich meine Erinnerung täuschen ...
vielleicht
gibt sie dem Riesen-Pferdchen nur ein Zuckerchen. Und Ornamente und sich
bäumende Reptile und gewürgte Schlangen und Adler und
Wappen und
Schnörkel und erbrochene Lilien und was weiß ich ..."
(Ignaz Wrobel alias Kurt Tucholsky, Die Weltbühne, 14.01.1930, Nr. 3, S. 94)
Kriegerdenkmal Dortmund-Oespel
Das Denkmal soll nach Information der Stadt Dortmund nach
der Grundsteinlegung 1938 vom damaligen NSDAP-Reichsorganisationsleiter
Robert Ley eingeweiht worden sein. Der Heimatverein Oespel erwähnt als Entstehungsjahr 1935 und beschreibt die damalige Motivation bis dato:
"Bezahlt
und gestiftet wurde das Denkmal von Oespeler Bürgern, die eine
Stiftungsurkunde im Sockel hinterließen und dieses fernab von jedwedem
nationalsozialistischem
Heroismus taten." Der gegenüberliegende Veranstaltungsplatz für
Freilichtspiele wurde 1935 für „Leibesübungen“ zum Sportplatz
umgerüstet,
im Süden wird 1936 mit dem Bau einer sogenannten
"Ley-Siedlung" begonnen, ein Typ des nationalsozialistischen
Siedlungsbaus, benannt nach dem o.g.
NSDAP-Reichsorganisationsleiters Robert Ley.
Der
Bildhauer des Objekts ist unbekannt, Ausstrahlung und Formensprache
der beiden messerziehenden Soldatenfiguren entsprechen in besonders
ausgeprägter
Form der nationalsozialistischen Idealvorstellung
einer propagandistischen Präsentation von aggressivem, heroisierenden und
unbarmherzigen Kampfeswillen.
Seit Jahrzehnten gibt es
Auseinandersetzungen um das seit 1989 unter Denkmalschutz stehende
Objekt: wiederholte Kundgebungen von Neonazis führten
zu heftigen
politischen Diskussionen. Ein Abriss wurde von der Fraktion der Grünen
gefordert: "Den Kriegsverbrechern ein Denkmal - wie lange noch?"
Die
Tilgung eines faschistischen "Schandmals" als Bereinigung der
Geschichte? Der Architekturhistoriker Winfried Nerdinger äußerte sich
2018 zum Thema
"Abriss nationalsozialistischer Bauten":
"Die Geschichte war damit keineswegs beseitigt, sondern Freud sagt ja,
vieles, was verdrängt ist, kommt dann wieder hervor, was man unter den
Teppich gekehrt hat. Und deswegen ist es sinnvoll, gerade beim Umgang
mit negativer Geschichte, sich hier praktisch vorwärtsgehend damit
auseinanderzusetzen. Nur so kann man auch die Geschichte verarbeiten."
(Deutschlandfunk, 15.8.2018)
Insofern
muß die Frage gestellt werden, ob eine Auseinandersetzung am Beispiel
eines unübersehbaren Gegendenkmals, wie sie beispielsweise in Hamburg am
Dammtor
stattgefunden hat, auch als konstuktives Vorbild für
viele der weitgehend unwidersprochen stehenden faschistisch geprägten Denkmäler und Bauten
gesehen werden sollte.
Kriegerdenkmal in Dortmund-Oespel
"Auf geradezu fanatischen Widerstand des gesamten Spektrums von Neonazis und NPD bis hin zum jungkonservativen rechtsradikalen Wochenblatt Junge Freiheit stößt jeder Versuch einer auch nur ansatzweise kritischen Auseinandersetzung mit dem Erbe der Kriegsdenkmäler. Dieser Eifer hat einen tieferen Grund.
Das Weltbild der extremen Rechten besagt: Wir leben heute in einer Zeit tiefster Dekadenz. Der endgültige Untergang des deutschen Volkes steht kurz bevor. Die extreme Rechte will aber nicht einfach nur den drohenden sogenannten ‚Volkstod‘ abwenden, sondern sie will eine Neugeburt des deutschen Volkes. In der Phantasievorstellung, wie das deutsche Volk in der Gegenwart nicht ist – aber in der Zukunft zu sein hat, schöpft man aus dem Soldatischen: Ehre, Treue, Führung, Gehorsam, Unterordnung, Pflicht, Opfer, Todesbereitschaft, Erbarmungslosigkeit. Auf solchen Werten und Tugenden soll das zukünftige Reich nach Abschaffung der ‚dekadenten‘ Demokratie begründet werden.
Zur Identifikationsfigur
wird der idealisierte deutsche Soldat des Ersten oder Zweiten Weltkriegs
erhoben, oder in einigen Fällen auch gleich der SA- oder SS-Mann. Alles, was dem Ideal der
extremen Rechten nicht entspricht, ist Schmutz und Krankheit, und muss
ausgestoßen werden aus dem ‚Volkskörper‘. Die extreme Rechte
erschafft sich in ihrer Fantasie ein künstliches deutsches Volk. Und das
soll stramm stehen und die Hacken zusammen knallen."
(aus: Kriegsdenkmäler als Lernorte friedenspädagogischer Arbeit, Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung e.V.)
Kaiser-Wilhelm-Denkmal, Dortmund Hohensyburg
Das Denkmal wurde aus Spenden märkischer Großindustrieller zur "vaterländisch-moralischen Erbauung" der Arbeiterschaft in neugotischen Stil erbaut und 1902 eingeweiht.
1935/36 wurde das Denkmal nach Plänen des deutsch-national gesinnten Bildhauers Friedrich Bagdons umfassend verändert und gestalterisch an die NS-Architektur
angepasst:
"Nicht zuletzt die Anbringung der – später wieder entfernten -
Inschrifttafel „Im dritten Jahr der Regierung Adolf Hitlers, in dem er
dem Deutschen Volke die Wehrfreiheit wiedergab, wurde das Denkmal
erneuert“ veränderte maßgeblich die Aussage des Denkmals. Es sollte nun
für die Kontinuität der drei deutschen Reiche stehen."
(Quelle: Stadt Dortmund, dortmund.de)
Kriegerdenkmal ("39er Denkmal"), Düsseldorf, Reeser Platz, Stadtteil Golzheim
Auftraggeber:
Stadt Düsseldorf ("Gau Düsseldorf"), Teil einer Gesamtplanung
"Schlageterforum" unter Gauleiter Friedrich Karl Florian,
Wettbewerbsausschreibung
des Denkmalausschuss des Regiment Nr. 39, Architekten: Rudolf Klophaus
(NSDAP Mitglied) und Artur Tachill,
Bildhauer: Richard Kuöhl; Kuöhl war ebenso verantwortlich für die Bildhauerarbeiten am Hamburger NS-Kriegerdenkmal des
76er Infanterie-Regiments am Dammtorbahnhof in Hamburg.
Kriegerdenkmal in Dortmund-Großholthausen
Das Kriegerdenkmal wurde im Auftrag der Stadt Dortmund und einigen umliegenden südlichen Vororten durch den Bildhauer Fritz Richter-Elsner ausgeführt.
Die Grundsteinlegung erfolgte 1937, errichtet wurde es 1938 und 1939. Die Einweihung erfolgte am 10.3.1940, also mitten im 2. Weltkrieg. Die Einweihung wurde
(auch lt. Zeitzeugen) wie üblich durch die nationalsozialistischen Machthaber propagandistisch genutzt:
"Eingeweiht wurde es aber erst Anfang des Krieges mit dem in NS-Zeiten üblichen Hakenkreuz-Fahnenmeer und Uniform-Aufmarsch.
Der Ruhrgebiets-Schriftsteller Ernst Giesing hat als kleiner Steppke an der Feier teilgenommen und kann diesen Eindruck nicht vom Terrorregime trennen."
(Geschichtsgruppe Rheinischer Esel Dortmund)
Die Darstellung und Formensprache des Denkmals entspricht vollumfänglich den ästhetischen Vorgaben der Nationalsozialisten:
1937 trat Richter-Elsner in die NSDAP ein, eventuell in der Hoffnung, dadurch mehr öffentliche Aufträge des Regimes zu erhalten.
Doch schon das von Richter-Elsner 1927 in Holzwickede-Hengsen gestaltete Kriegerdenkmal zeugt von einer Formensprache zwischen
wilhelminischer und faschistischer Architektur als ideologisches Vehikel.
Große Trauerhalle, rechter Säulengang, Hauptfriedhof Bochum am Freigrafendamm
Errichtet 1935-41, Architekten: Stadtbaurat Heinrich Timmermann (NSDAP Mitglied) und Wilhelm Seidensticker (Baudezernat Bochum),
einziger komplett erhaltener Komplex nationalsozialistischer Macht- und Herrschaftsarchitektur im Ruhrgebiet.
"Der Maßstab der Größe, der für alle gilt, ist die Weltanschauung des Nationalsozialismus. In ihr aufzugehen, wurde von den Nazis als höchster Wert dargestellt, jeden erhebend,
selbst wenn er auf der untersten Sprosse der Gesellschaftsleiter stand und dort auch bleiben sollte. Diesem Maßstab zu genügen, sollte zum einzigen Inhalt der Bestrebung jedes
Einzelnen werden.“ (Monika Leske: Philosophen im "Dritten Reich", S. 89)
Kriegerdenkmal am Dammtor, Hamburg
Bereits im Vorfeld seiner Errichtung avancierte das ›76er‑Denkmal‹ zu einem Politikum. Der ›Verband der 76er‑Vereine‹, der sich um die Errichtung des Denkmals bemühte, wurde angeführt von einer Reihe ehemaliger hoher Offiziere des 76er‑Regiments, die »zumeist monarchistisch‑nationalistisch und antirepublikanisch eingestellt« waren. Ihnen ging es mit der Errichtung des Denkmals nicht darum, einen Ort der Trauer und des Gedenkens an die Gefallenen zu schaffen, sondern deren ›Heldentaten‹ zu glorifizieren. Acht Jahre lang hatte der regierende SPD‑Senat dieses Vorhaben verhindern können, ehe 1933 die Regierungsübernahme durch eine Koalition aus NSDAP, DNVP und DVP erfolgte. Nur ein Jahr später begann der offizielle Ausschreibungsprozess für die Einreichung der Denkmalentwürfe. Kuöhls Entwurf fand nicht zuletzt deshalb den Zuspruch der Jury, weil das Motiv der einheitlich marschierenden und kampfbereiten Soldaten »die Gemeinschaft der Frontsoldaten, als ›Vorbild für die Volksgemeinschaft‹, ganz im Sinne der nationalsozialistischen Ideologie« abbildete. Dieser politische Impetus zeigt sich auch in den Inschriften, die in das Denkmal und in die Begrenzungssteine des Anstoßeszungsmauern des umgebenden Denkmalhofes eingelassen sind. Neben dem berühmten Vers »Deutschland muss leben, und wenn wir sterben müssen«, der aus Heinrich Lerschs Gedicht »Soldatenabschied« von 1914 stammt, verweist auch die Inschrift »Großtaten der Vergangenheit sind Brückenpfeiler der Zukunft« auf die in die Zukunft gerichtete Indienstnahme des Denkmals durch die politischen Entscheidungsträger: Es sollte in deren Sinn eindeutig auf den nächsten Krieg einstimmen. In den ersten Jahren nach Ende des Zweiten Weltkrieges blieb das Denkmal Anlaufpunkt rechtsgerichteter Verbände, häufig bestehend aus ehemaligen Mitgliedern der Wehrmacht und der Waffen‑SS. Auch die noch junge Bundeswehr stellte zum Volkstrauertag stets Wachposten am Denkmal auf."
(Schinke, H. 2016. "Steine des Anstosses": zum Konfliktpotenzial gealterter Kriegerdenkmäler am Beispiel des"76er-Denkmals" in Hamburg. Hamburger Journal für Kulturanthropologie, 4, S. 25/26)
Kriegerdenkmal am Dammtor, Hamburg
"Das war das Wunschbild (Anm.: der Nationalsozialisten): ein arisches Europa, beherrscht von einer Gemeinschaft aus lauter eigenverantwortlichen, d. h. dem nächsthöheren Führer
verantwortlichen Leistungsträgern. Darin sollte es, vom Führer-Ich bis zum kleinsten Befehlsempfänger, keine Vermittlung zwischen individuellem Streben und politischem Ziel geben,
sondern allein die „Spannung“ zwischen dem Einzelnen und der Gemeinschaft schöpferisch ausgetragen werden. Dem entsprach das Formprinzip der Neuen deutschen Baukunst,
in der die Details wie die Baukörper in sich geschlossen waren und sich nur durch ihre Maße unterschieden.
Der Größenkontrast der Formen, eingespannt in eine hierarchische Gesamtgliederung, erzeugte deren „brutale“ Monumentalität. Mit der Stilisierung aller Einzelformen
ins „Elementare“ war zwischen Teil und Ganzem eine Übereinstimmung hergestellt worden, die, wie in der Politik, auf innerem und äußerem Zwang beruhte.
Der Gewalt-Charakter des NS-Regimes kam in den Äußerungen seiner Erbauer ebenso zum Ausdruck wie in den Funktionen und im Gestaltungsgesetz seiner Bauten,
von den Führerpalästen und Gemeinschaftshäusern bis zu den KZs."
(Ulrich Hartung, Bausteine für Führerkult und Gemeinschaftsglaube; Ausdrucksformen der NS-Ideologie von 1933 -1945)
Kriegerdenkmal am Dammtor, Hamburg
Als "Ehrenmal" 1934 vom Traditionsverein des in Hamburg stationierten 76. Infanterieregiments initiiert.
1936 erfolgte der Entwurf und die Ausführung durch den Bildhauer Richard Kuöhl. Kuöhl entwarf ebenso das umstrittene
"39er-Denkmal" in Düsseldorf. Formensprache und der starke Bezug zu der nationalsozialistischen "Blut-und-Boden" Ideologie
ist bei beiden Denkmälern überdeutlich erkennbar. In beiden Städten fanden die politischen Auseinandersetzungen über den
Umgang mit dem Erbe faschistischer Architektur konstruktiv statt: In Hamburg steht in unmittelbarer Nähe Alfred Hrdlickas
(unvollendetes) Gegendenkmal, in Düsseldorf fand 2019 ein Wettbewerb über die Umgestaltung des Platzes statt.
Kriegerdenkmal am Dammtor, Hamburg
Kaiser-Wilhelm-I.-Denkmal am Deutschen Eck, Koblenz
"Die bis zur Megalomanie gesteigerte Monumentalität ist gewiß ein spektakulärer, aber gleichwohl nicht der signifikanteste Zug am deutschen Nationaldenkmal des späten 19. Jahrhunderts - das Monumentale hat eine lange Tradition als spezifische Ausdrucksform von Größe und Dauer, und an deren nationalen Symbolsystemen des imperialistischen Zeitalters ist es nicht weniger geläufig als dem deutschen. Beunruhigender als die Exzesse der Dimension sind an der deutschen Monumentalsymbolik die Radikalität der Abwendung von der europäischen koine der Formen und Stile, die Einschmelzung der narrativen Komposition zur geschlossenen Gestalt, die Enthistorisierung und Entpersonalisierung der Denkmalsaussage, der Rückgriff auf vormoderne, vorzivilisatorische, mythische oder vitalistische Deutungsgründe. Nicht von ungefähr hat es gerade der Theoretiker des nationalsozialistischen Nationaldenkmals (Anm.: Hubert Schrade), bei aller Kritik im einzelnen, dem Kyffhäuser- und dem Völkerschlachtdenkmal von Bruno Schmitz wie den Bismarcktürmen von Kreis als entscheidenden Fortschritt angerechnet, daß in ihnen das individualistische Denkmalsideal des monumentalen Geschichtsunterrichts in Richtung auf das reine, mythengeladene Symbol überwunden worden sei"
(Franz J. Bauer, Gehalt und Gestalt in der Monumentalsymbolik: Zur Ikonologie des Nationalstaats in Deutschland und Italien 1860-1914, München 1992)
Kaiser-Wilhelm-I.-Denkmal am Deutschen Eck, Koblenz
Kaiser-Wilhelm-I.-Denkmal am Deutschen Eck, Koblenz
"Die Fehlinterpretation der Gesamtbezeichnung
"Deutsches Eck" wurde nach 1945 auf den Ort kaiserlicher Herrscherverehrung übertragen, als die Architektur des Denkmals anstelle des 1945 durch (amerikanischen) Artelleriebeschuß abgestürzten Reiterstandbildes im Jahre 1953 eine Nationalflagge der Bundesrepublik Deutschland aufgepflanzt bekam und die Anlage zum "Mahnmal der deutschen Einheit" erklärt wurde. Im Zuge der Umgestaltung waren an die Pfeiler
der Rückwand die Wappen der Länder des Deutschen Reichs in den
Grenzen von 1937 angebracht worden. In jüngster Zeit gab es
eine Initiative, das Denkmal in seiner ursprünglichen Gestalt
wiederherzustellen, was man in einer bürgerlichen Demokratie nur als
Anachronismus verstehen kann, den man lieber durch eine allgemeine
unhistorische, tourismusorientierte Denkmalnostalgie erklären
möchte als durch die Identifizierung mit Obrigkeitsstaat, Aufrüstung
und Imperialismus."
(Christmut Präger, Leben und Werk
des Architekten Bruno Schmitz (1858-1916) unter besonderer
Berücksichtigung des Frühwerks, Dissertation, S.166, 1991)
Am 2.9.1993 war es Dank einer Spende eines Industriellen soweit: Wilhelm wurde wieder auf den Sockel gehievt. Für republikanisch-demokratisch gesinnte Bürger war es ein Affront und eine vertane Chance, die zu Protesten am Einweihungstag führten:
„Heute ist der Sedanstag, an dem die Deutschen über den
Erbfeind
Frankreich gesiegt haben. Und an diesem Tag gehen wir
hin und befreien
das Denkmal der deutschen Einheit, nachdem
selbige wieder vollzogen ist,
von dieser demokratischen deutschen
Flagge und setzen den schönen
Kaiser wieder drauf. Ich glaube,
das ist Satire genug."
(Deutschlandfunk, 2.9.2008)
Kaiser-Wilhelm-I.-Denkmal am Deutschen Eck, Koblenz
"Das neben dem Standbild mit Abstand bedeutendste Element des Denkmals ist ein acht Meter breites Relief eines Adlers mit ausgebreiteten Schwingen, der die verendende Schlangenbrut der Zwietracht, des Hasses, Argwohns, des Geizes und des Neids in den Krallen hält. Erst auf den zweiten Blick ist diese flächig in den Stein des Sockels gearbeitete Szene zu erkennen, über der sich Schenkendorfs Spruch „Nimmer wird das Reich zerstöret, wenn ihr einig seit und treu“ befindet: Der Spruch ist das textliche Pendant zum Adler mit der Schlangenbrut, wobei das gesamte Gedicht eine eindringliche Mahnung zu innerer Geschlossenheit und Eintracht als Voraussetzung für die Größe, Macht und Dauerhaftigkeit des Reichs ist: „Aber einmal müsst ihr ringen / noch in ernster Geisterschlacht. / Und den letzten Feind bezwingen / der im Innern drohend wacht ... "
(Lutz Engelskirchen, Denkmal im politischen Raum; Das Kaiser Wilhelm Denkmal am Deutschen Eck in seinem Jahrhundert, Dissertation Uni Bochum, 2013)
Kaiser-Wilhelm-I.-Denkmal am Deutschen Eck, Koblenz
Einweihung 1897 durch Kaiser Wilhelm II, Architekt Bruno Schmitz, Bildhauer Emil Hundrieser
"Wilhelm II. schrieb einen neuen Wettbewerb für ein traditionelles Reiterdenkmal in Koblenz aus – In Zeiten wachsender innen- und außenpolitischer Spannungen setzte sich ein Denkmalsentwurf durch, der zur Geschlossenheit gegen Reichsfeinde nach Innen und Außen aufrief."
"Die militärische Stärke und Schlagkraft als Voraussetzung für Einheit und Macht des Reichs – diese monarchisch-konservative Lesart der Reichseinigung war in der Denkmalkultur am Rhein nicht neu. Mit dem Wandel der Denkmalaussage vom Monument des rheinischen Volkes für die Deutsche Einigkeit hin zu einem „Denkmal des wilhelminischen Kaisertums“ instrumentalisierten die neuen Bauherren die gebaute Umgebung des Denkmals gleich in mehrfacher Weise als Lieferant historischer Traditionen."
(Lutz Engelskirchen, Denkmal im politischen Raum; Das Kaiser Wilhelm Denkmal am Deutschen Eck in seinem Jahrhundert, Dissertation Uni Bochum, 2013)
Hauptfriedhof Bochum am Freigrafendamm
Errichtet 1935-41, Architekten: Stadtbaurat Heinrich Timmermann (NSDAP Mitglied) und Wilhelm Seidensticker (Baudezernat Bochum),
einziger komplett erhaltener Komplex nationalsozialistischer Macht- und Herrschaftsarchitektur im Ruhrgebiet.
Die Anlage am Freigrafendamm war Teil einer Gesamtplanung zum Ausbau Bochums als Gauhauptstadt Westfalen-Süd,
die jedoch nur am Freigrafendamm zur Ausführung kam:
"Somit war der Friedhof nicht nur als Gedenk- und Trauerort angelegt, sondern wurde auch politisch aufgeladen.
Die gesamte Anlage am Freigrafendamm wurde dahingehend geplant, was sich deutlich an der Gruppierung der Trauerhallen
um einen großen Platz herum zeigt. Hier konnten Partei- und Militäraufmärsche abgehalten werden. Insgesamt spiegelt der
Baukomplex in seiner Gesamtheit und in den baulichen Details das nationalsozialistische Weltbild wider.
Der Friedhof Freigrafendamm kann als Zeugnis einer Kunst gelten, die bewusst eingesetzt wurde, um in ästhetischer Form
die NS-Ideologie zu transportieren." (Zitat: Kortum Gesellschaft Bochum, Christin Nezik)
"Das Konzept der gesamten Traueranlage beruhte auf dem nationalsozialistischen Konzept des „Nordischen Glaubens“.
Tatsächlich gibt es kein christliches Zeichen in der Anlage. Die damalige Verherrlichung der Feuerbestattung an diesem
Ort muss in Gedenken an die Verbrennungsöfen der Konzentrationslager als ungeheuer zynisch empfunden werden.
Der Freigrafendamm bleibt ein sehr vielschichtig zu deutendes, nationalsozialistisches Symbolwerk.
Die Bauten wurden in die Denkmalliste der Stadt Bochum aufgenommen. Sie müssen erhalten und gepflegt werden,
so dass die Mahnung stets vor Augen geführt werden kann." (nach Hans H. Hanke, In schlechter Würde?, artibeau.de)
Hauptfriedhof Bochum am Freigrafendamm, große Trauerhalle, Eingangsbereich
Errichtet 1935-41, Architekten: Stadtbaurat Heinrich Timmermann (NSDAP Mitglied) und Wilhelm Seidensticker (Baudezernat Bochum),
einziger komplett erhaltener Komplex nationalsozialistischer Macht- und Herrschaftsarchitektur im Ruhrgebiet
"Kehrt man vor diesem Hintergrund ... zur Frage über den Erhalt „unbequemer“ Denkmäler zurück, wird ersichtlich, dass die Entstehung,
Wirkung und auch die heutige Wahrnehmung problematisch sind. Eine Vernachlässigung oder gar ein Abriss der Anlagen würde einer
Geschichtstilgung gleichkommen. Ein bloßer Erhalt birgt immer die Gefahr, dass rechtsradikale Gruppen diese Gebäude für ihre Zwecke
instrumentalisieren. Der einzige Weg des Umgangs kann daher nur die Bewahrung des Freigrafendamms als Mahnmal und Dokument
des Nationalsozialismus in Bochum sein."
(Christin Nezik, Kortum Gesellschaft Bochum)